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Warum Malerei oder „das Bild“ heute keine Rolle spielt?

Und dabei allgegenwärtig überpräsent ist

Diese Fragestellung erscheint als Widerspruch, aber gerade darum mehr als interessant. Das inflationäres Vorhandensein aller „Arten von Bild“ führt dazu, daß EIN Bild als solches kaum mehr wahrgenommen wird. Permanent durchmischt sich Gedachtes, Gehörtes und Gefühltes zu jeder Sicht-Sekunde und überlagert die „andächtige“, stille und unvoreingenomme Bildbetrachtung. Was bleibt? Oder – was bleibt zu tun? Augen verschließen? Tief durchatmen und hinschauen? Wer sich fürs Hinschauen und „andächtig schauen“ entscheidet, wird es schwer haben, entsprechendes Bildwerk zu finden, da allzuviel davon im Un-Bewußtsein der Flüchtigkeit entstanden und demnach selbst einfach und nur flüchtig ist.

Exkurs?
Ab dem 3. Jahrhundert beschäftigte sich die christliche Kirche mit der Kunst. Unter Berufung auf das Bilderverbot im Alten Testament wurde teilweise jede religiöse Kunst schroff abgelehnt. Das heißt, das Abbilden „der Heiligen“ oder „heiliger Szenen“ wurde nicht geduldet, bekämpft, geschmäht und verboten. Um 380 legten die Apostolischen Konstitutionen fest, dass Maler, Dirnen, Bordellbetreiber, Schauspieler und Faustkämpfer zuerst ihren Beruf aufgeben müssten, um in die Kirche aufgenommen werden zu können. (Heutige Künstlierviertel mit dieser eigenen Mischung an „Berufsgruppen“ erinnern an diese Aufzählung) wie wenig sichmanchmal in Jahrhunderten ändert.

Etwa 1000 Jahre später kommt Meister Eckhart zu Wort: (Quelle: wikipedia.org)
„Verhältnis Gottes zum Menschen und zur Welt“

„In seinem „Buch der göttlichen Tröstung“ schreibt Eckhart: Gott hat die Welt in der Weise erschaffen, dass er sie immer ohne Unterlass erschafft. Alles, was vergangen und was zukünftig ist, das ist Gott fremd und fern. Und darum: Wer von Gott als Gottes Sohn geboren ist, der liebt Gott um seiner selbst willen, das heißt: er liebt Gott um des Gott-Liebens willen und wirkt alle seine Werke um des Wirkens willen.

Predigerkirche Erfurt - Portal

Bild: Michael Sander

Wie Gottes Schöpfung eine dynamische Selbstentfaltung ist, so ist auch der Mensch darauf ausgerichtet und dazu aufgefordert, ein „homo divinus“ zu sein, ein göttlicher Mensch. Als solcher lässt er seine Bestimmtheit durch weltliche und rationale Orientierungen. Er wendet sich in seinem mit Gott wesenseinen Intellekt zu Gott zurück. Jede seiner Handlungen setzt dann Gott gegenwärtig.

In der neuplatonischen Interpretation der negativen Theologie Eckharts ist der göttliche Mensch derjenige, der gewahr wird, dass die ganze Welt und auch die Kreatur des Menschen darin nicht real und an sich existieren. Die Phänomene der Welt werden in ihrem voneinander getrennten Sein ohne Unterlass von Augenblick zu Augenblick geschaffen, etwa in der Art, wie die Farben nicht als solche in der Welt existieren, sondern im Bewusstsein jedes sie erkennenden Seins geschaffen oder konstruiert werden. Die Weltschöpfung wird hierbei wie schon bei den meisten antiken Platonikern nicht als ein einmaliger Akt verstanden, sondern als ein zeitloses Hervorquellen aus jeder Einzelseele.

Im Urgrund jeder Einzelseele befindet sich das göttliche Eine. Die Seele ist hier also keine individuelle immaterielle Substanz, die neben oder in dem Sein einer Natur oder Welt existiert. In diesem Urgrund sind vielmehr alle Einzelseelen und überhaupt alles weltliche Sein nicht nur miteinander verbunden, sondern ununterscheidbar eins. So sagt Eckhart in Predigt 24 (Quint): Hier [im ‚einigen Einen’] sind alle Grasblättlein und Holz und Stein und alle Dinge Eines.

In der neuplatonischen Interpretation ist das Verhältnis Gott-Mensch daher kein Gegenüber von Gott und Mensch. Die Kreatur des Menschen muss hier in einem armen Geist zunichte werden, um so die Einheit im Seelengrund zu vollziehen, ganz nach Eckharts Worten in Predigt 42 (Quint): Du sollst ihn lieben wie er ist ein Nicht-Gott, ein Nicht-Geist, eine Nicht-Person, ein Nicht-Bild, mehr noch: wie er ein lauteres, reines, klares Eines ist, abgesondert von aller Zweiheit. Und in diesem Einen sollen wir ewig versinken vom Etwas zum Nichts. Dazu verhelfe uns Gott. Amen.“

Warum spielt die Malerei – das Bild heute keine wahre Rolle?
Auf der einen Seite sehen wir die Quantifizierung aller Bildwelten und gleichzeitig die Zunahme von Unverbundenheit mit dem Streben nach Qualität, dazu die Inflation von „flachen“, nichtssagenden, unverbindlichen Bildern eine Art „Bild-Tsunami“. Dieser Tsunami spült alle das weg, was dem Menschen lieb und teuer ist (wenn auch unbewußt) und hinterläßt dabei eine wüste Zerstörungslandschaft, insbesondere in den Seelen der Menschen. Der Sinn für Schönheit geht verloren, wo alles einerseits mit scheinbarer Bedeutung aufgeladen und gleichzeitig leer ist. Ein zuviel führt zu leicht zur Übersättigung und gleichzeitiger Leere.

Ist es nicht an der Zeit für einen neuen Bilderstreit?

Es gibt den poetischen Moment im Malen. Meine Malerei vollzieht sich in der aktiven Wahrnehmung der Gegenwart. Klingt banal, doch wie schwer es immer wieder ist, den Geist dahingehend zu beruhigen, dass nur der Moment, der gegenwärtige Augenblick im Innen sowie im äußeren Fokus ist, erfahre ich jeden Tag. Jedes Mal aufs Neue, beim Versuch nur noch Farbe, Malgrund oder Pinsel zu sein. Im Dialog mit mir und den Kräften, die ansonsten verborgen in tieferen Schichten schlummern.

Mein “Ziel” sind “Seelenbilder”, doch nicht allein individuelle Seelenbilder, d.h. Bilder, die allein meiner Seele zuzuordnen wären, sondern auch die Bilder der kollektiven Ebene, die ebenso mit meiner Seele schwingen und verbunden sind. “Ziel” ist dabei ein Begriff, der ausgerichtet erscheint auf ein Ergebnis hin, deshalb schreibe ich “Ziel” in dieser Weise, da neben der Bereitschaft, dorthin zu gelangen ebenso die Gelassenheit gehört, sich führen zu lassen und immer wieder nicht zu wissen, wohin die Reise geht. Intuition in ihrer reinsten Form stellt sich dem Gestaltenden zur Seite und führt die Hand, das Auge in unbekannte Bereiche, in unerforschtes Gebiet, dabei veredelnd und gestaltend hin zum BILD.

Die Musik des Malens

Der Klang der Bilder ist vordergründig nicht zu hören, vielmehr entsteht in der kontemplativen Übung des Sehens ein Klang, der fast unmerklich die Saiten der Seele zum Schwingen bringt. Den meisten Bildern ist kein direkt gegenständlicher Inhalt zuzuordnen. Deshalb eine immer wieder gern gestellt Frage “Was soll das sein, was ist hier abgebildet?” Diese Frage beantworte ich gerne mit einer Gegenfrage:”Was sehen Sie? – Was nehmen Sie wahr?” So kann die Frage als Ausgangspunkt für die entspannte Wahrnehmung sein.

Dabei bewegen wir uns dann parallel in zwei Sphären. Einmal in der aktiven Wahrnehmung des Bildes und dann in der Wahrnehmung des Denkens. Zunächst ein Denken über das Bild, die Farbigkeit, die Form. Assoziationen tauchen auf, dürfen sein, werden sein, sollten aber im zweiten Schritt in den Hintergrund gedrängt werden. Das kann ein wahr-gebender Akt in der Bildbetrachtung werden.

Der Klang der Bilder

Nachdem sich Bilder, Assoziationen und vielleicht Begriffe gebildet haben, gilt es zu überprüfen, ob sich diese mit dem Werk verbinden oder schon ein Eigenleben führen. Assoziatives Denken ist spannend und schön, führt aber in der Regel von der gegenwärtigen Wahrnehmung weg. Um eine Aussage über das betrachtete Werk machen zu können, sollte der unruhige Geist durchaus beobachtet werden, dann aber zur Ruhe kommen, um die stilleren Momente zu erreichen. Auch um die innere Gestaltung zu beobachten, die sich in der Regel einstellt, vorausgesetzt, wir sind bereit dazu.

Gegenwärtige Achtsamkeit

Klingende Seele – oder wie gelingt Gegenwärtigkeit?
Meine Bilder bieten hier einen Raum, die Gegenwart aktiv zu fassen, zu erfassen und die Präsenz aktiver Stille, aktiver Wahrnehmung, Achtsamkeit zu üben.

Gestaltbildendes – Formen

  • Ei
  • Oval
  • Quadrat
  • Rechteck

Freie Formen

  • Fließende Übergangsformen
  • Reales
  • Wesens-Interpretationen (Engel, Blüten,…)

Stilmittel

  • Grenzen
  • Fließende Grenzen – Übergänge
  • Transparentes
  • Reduktion in der Farbe
  • Nuancen
  • Reihen
  • Farbfolgen
  • Serien

„Die Musik des Malens“ oder „Gegenwärtigkeit als Prinzip“

Farbfeld Malerei ist eine Hinwendung an das aktive Tun mit der Voraussetzung einer aktiven Wahrnehmung in der Gegenwart. Es ist nicht leicht, den Geist dahingehend zu beruhigen, dass nur der Moment, der gegenwärtige Augenblick im Innen und dabei auch im  äußeren Fokus ist.  Jedes Mal aufs Neue ist es ein Wagnis, in diese Gegenwärtigkeit zu gehen, aber mehr noch ist es eine passende Übung für den All-Tag. Im Dialog mit mir und den Kräften, die ansonsten verborgen in tieferen Schichten schlummern, gelingt das Eintauchen in den „Seelen-See“, um daraus Gebilde, Farben und Formen zu schöpfen.

In der Regelarbeite ich in Serien. Es wechseln dabei die Motive des Ei-Ovals, des „unruhigen“ Quadrats und das des Kreuzes ab. Das Ei-Oval ist eine bekannte Form, die wir seit Jahrtausenden in der menschlichen Ausdruckskraft wiederfinden. Beim Betrachten meiner Bilder ist der erste „vorurteilsbehaftete“ Eindruck, „ich sehe ein Ei“ und daraus manchmal folgernd: ein „Osterei“! Das scheint naheliegend, ist aber so wahr wie falsch. Vielmehr möchten meine Bilder anregen, diese Form als Kraft-Form oder auch als Ur-Form wahrzunehmen.

Es entstehen zudem mit der Zeit „Seelenbilder„, einmal Seelenbilder, die vielleicht einer individuellen Seele zuzuordnen wären, dann aber auch wieder Bilder, die auch gemeinschaftliche Ebenen beleuchten, sozusagen „allgemeine“ Bilder, die vielleicht mit einer „größeren Seele“ schwingen und verbunden sind.